Keine beliebige Verlängerungen von Abstimmungsfristen für Wohnungseigentümer im Umlaufverfahren: Bei Fristverlängerung müssen auch jene Eigentümer darüber informiert werden, die schon abgestimmt haben.
Der Oberste Gerichtshof hat einer Verlängerung der Abstimmungsfristen eine Absage erteilt, wenn nicht alle Miteigentümer davon informiert werden.
Anlassfall: die Hausverwaltung hatte bei Ablauf der Abstimmungsfrist eines Umlaufbeschlusses (also nicht bei einem „additiven“ Verfahren nach einer Eigentümerversammlung) festgestellt, dass keine Mehrheit für die Sanierung gestimmt hatte. Also verlängerte die Hausverwaltung noch zwei Mal die Abstimmungsfrist, aber ohne die übrigen Miteigentümer davon zu verständigen. Gegenstand des Beschlusses war wie so oft eine thermische Sanierung und die Kostenrefundierung an Eigentümer, die in den Vorjahren selbst Aussentüren und Fenster ersetzt hatten.
Nach der Verlängerung kam („endlich“) der Mehrheitsbeschluss zustande, der jedoch von einem Eigentümer angefochten und erst vom OGH aufgehoben wurde. Die beiden Unterinstanzen hatten der Beschlussanfechtung nicht stattgegeben.
Grund für die Aufhebung ist vor allem, dass durch die Fristverlängerung jene Miteigentümer, die schon abgestimmt hatten, in ihrem Willensbildungsprozess beeinträchtigt wurden. Sie konnten ohne Verständigung von der Fristverlängerung nicht wissen, dass sie ihre Meinung auch noch ändern konnten und unter den übrigen Miteigentümern „werben“ konnten, um ihren Standpunkt zu vertreten und die übrigen davon zu überzeugen.
Bei einem Umlaufbeschluss tritt die Bindung der Teilnehmer an ihre Abstimmungserklärung erst dann ein, wenn sie allen anderen am Willensbildungsprozess Beteiligten zugegangen ist.
Nota bene: die Verfahrenskosten erster Instanz betrugen mehr als 7.700 Euro.
Quelle: OGH 14.6.2016, 5 Ob 16/16p
Beitrag teilen: