Hohe Genossenschaftsmieten

Auf der online-Seite des ORF war am 25.3.2023 von einem extremen Fall einer Mieterhöhung bei einer Genossenschaftswohnung in Niederösterreich zu lesen. Was kann man tun?

Anlassfall war eine Frau in Karenz mit einem Kind und einem Ehegatten, der soeben seinen Präsenzdienst ableistet. Von August 2022 bis März 2023 soll die Miete von rund 600,- Euro auf rund 1.000,- Euro gestiegen sein. Das sind zwei Drittel bzw. 66,67% (und nicht bloß wie auf orf.at berichtet 50 %).

Ursache der Mietensteigerung sei nach Manfred Damberger, dem Landesobmann der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft in NÖ, die Anhebung der variabel vereinbarten Kreditzinsen für die Darlehen, die die Genossenschaft für das Haus aufgenommen hatte.

Ursachen von extremen Mietensteigerungen bei Gemeinnützigen Bauvereinigungen

Das Problem der erhöhten Mietenbelastung viele Jahre nach dem Erstbezug ist den Gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) nicht unbekannt. Schon vor 20 Jahren kam es dazu, dass Zuschüsse der Wohnbauförderung zu den Baudarlehen sanken, und gleichzeitig die Rückzahlungen (Annuitäten) an Banken stiegen. Auch kam es zur Unangemessenheit des laufenden Entgelts, indem GBVen trotz Sinken des allgemeinen Zinsenniveaus keine Nachverhandlungen mit den Banken vornahmen. Stattdessen wurden weiterhin die nicht mehr marktkonformen Annuitäten den Mietern weiterverrechnet.

Der Gesetzgeber fügte schon in der Wohnrechtsnovelle eine Bestimmung in das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ein, mit der die GBVen verpflichtet (!) wurden, auch nachträglich auf die Entwicklungen am Kapitalmarkt zu reagieren und angemessene Darlehenskonditionen zu vereinbaren.

Lösung des Gesetzgebers: Pflicht der Genossenschaften zum Nachverhandeln

Damals (1999) bestand das umgekehrte Problem, dass die Darlehenszinsen auf dem Kapitalmarkt sanken, und die vor vielen Jahren noch angemessenen, im Vergleich zum allgemeinen Zinsenniveau sogar günstigen Zinssätze „zu hoch“ waren. Sie wurden über die Jahre unangemessen.

§ 23 Absatz 1a WGG wurde ausdrücklich als Verpflichtung der GBVen in das Gesetz eingefügt, und präzisiert den für GBVen geltenden Grundsatz, dass die Geschäftsführung und die Verwaltung den Grundsätzen der Sparsamkeit, wirtschaftlich Kleid und Zweckmäßigkeit entsprechen müssen.

Das Gesetz verweist in dieser Bestimmung ausdrücklich auf die Entgeltbestimmung des § 14 Absatz 1 Z 2 WGG, also eine Entgeltbestimmung und somit nicht bloß auf eine gebarungsrechtliche Bestimmung.

Wie schon der führende Wohnrechtsjurist der Arbeiterkammer Wien Walter Rosifka in seinem Aufsatz zur Wohnrechtsnovelle 1999 (wobl 1999, Heft 11, 327f) verwies, ist die Durchsetzung dieser Verpflichtung der GBVen durch die Miete/Nutzungsberechtigten nicht leicht.

Grundsätzlich müssen nämlich beim Darlehensvertrag beide Vertragspartner eine Vereinbarung treffen. Das bedeutet, dass auch die darlehensgewährende Bank ihr Einverständnis zur Änderung der Darlehensverzinsung erklären muss.

Wie senke ich als GBV die Annuitätenbelastung der Mieter/Nutzungsberechtigten?

In der Praxis wurde und wird von GBVen die Laufzeit der Darlehen verlängert, damit ungeachtet der aktuell erhöhten Zinsenbelastung die monatliche Belastung für die Miete/Nutzungsberechtigten gleichbleibt.

Scheitert dies, vertrat Rosifka die Ansicht, dass durch eine Weigerung der Bank die GBV womöglich dazu gezwungen ist, eine Umfinanzierung des Darlehens vorzunehmen.

Zu berücksichtigen ist aus Sicht der GBVen natürlich, dass bei einer zu hohen monatlichen Belastung die Mieter/Nutzungsberechtigten ausziehen, da in „ausbezahlten“ Bauten eine Entgelktberechnung nach § 13 Abs 6 WGG womöglich günstiger ist.

Leerstände werden von GBVen (und den Prüfern des Revisionsverbandes der gemeinnützigen Bauvereinigungen) nicht gerne gesehen: GBVen sind nicht berechtigt, die Betriebskosten für Leerstandwohnungen auf die übrigen Mieter überzuwälzen.

Zu berücksichtigen wird wohl auch von Seiten der GBVen sein, dass es bei einer Verlängerung der Rückzahlungsdauer natürlich länger dauern wird, bis wieder Mittel aus den „Auslaufannuitäten“ in die Rücklagen der GBVen fließen. Diese Rücklagen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers dazu dienen, für Menschen im Weg des Generationenausgleichs in Zukunft günstigen Wohnraum zu schaffen.

Man darf auch nicht übersehen, dass Verpflichtungen der GBV die in der gebarungsrechtlichen Bestimmung des § 23 WGG fixiert sind. Diese begründen grundsätzlich keine durchsetzbaren Rechte der Mieter/Nutzungsberechtigten.

Grundsätzlich ist es daher ein steiniger Weg, diese Nachverhandlungspflicht durchzusetzen.


Labels: , , , ,


Beitrag teilen:

Mag. Ronald Geppl
Anrufen